Vom Cello zur Melodie

Wen die Klangwelten der deutschen Romantik begeistern, kommt an dieser CD nicht vorbei! Auch wenn der Name des Komponisten den wenigsten Musikfreunden etwas sagen dürfte.

Dem Warnhinweis, ihn nicht mit seinem ebenfalls als Cellovirtuosen und Komponisten tätigen Namensvetter Julius Goltermann (1823-76) zu verwechseln, begegnet man in der Literatur möglicherweise häufiger als tiefergehenden Einlassungen zu seinem eigenen Leben und Werk. Georg Goltermann (1824-98), der lange Jahre als erster Kapellmeister am Stadttheater in Frankfurt am Main wirkte, wurde als Solist und Schöpfer von Kammermusik und Konzerten zwar überregional bekannt, nach seinem Tod aber schnell vergessen.

Tatsächlich verdankt die Musikgeschichte dem Frankfurter Goltermann keine Innovationen und revolutionären Konzepte. Doch seine Werke sind nicht nur handwerklich ausgefeilt und klug durchdacht, sie folgen auch einer klaren Dramaturgie und begeistern durch eine Fülle immer neuer melodischer Einfälle. Man darf Brahms und Schumann selbstverständlich lieber mögen, aber dass ein romantisches Juwel wie die Sinfonie op.20 von Howard Griffiths und dem gut aufgelegten ORF Radio-Symphonieorchester Wien tatsächlich zum ersten Mal auf Tonträger eingespielt wurde, ist eigentlich kaum zu glauben.

Goltermanns 1. Cellokonzert in a-moll hat das Schattendasein, das es seit Jahrzehnten führen muss, noch weniger verdient. In einer kurzweiligen Viertelstunde entwirft der Komponist ein beeindruckendes Kaleidoskop solistischer und orchestraler Möglichkeiten, die von eingängigen Melodien über virtuose Ausbrüche bis zum lyrischen Schmelz des nur dreiminütigen Andantes reichen. Der junge Cellist Jamal Aliyev interpretiert den Solopart mit echter Entdeckerfreude, viel Energie und dem richtigen Gespür für den schnellen Wechsel von Tempi und Stimmungen.

Howard Griffiths ist Aliyev am Pult des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien ein erfahrener und umsichtiger Partner – sowohl bei der Konzertdarbietung als auch bei der Vorstellung zweier kleinerer, aber ebenfalls hinreißend schöner Goltermann-Stücke. Die Romanze op.60 Nr.1 erklingt ein weiteres Mal in a-moll, ehe die Ballade op.81 G-Dur op.81 eine andere Tonart anschlägt.

Georg Goltermann: Cellokonzert Nr. 1 a-moll op. 14; Romanze a-moll op. 60 Nr. 1; Ballade G-Dur op. 81; Symphonie a-moll op.20, Capriccio