Von Himmelsruhe rings umfangen

Je ferner das Ziel, desto größer die Sehnsucht. Einen fundamentalen Widerspruch der Romantik durchlebte auch der Schweizer Friedrich Theodor Fröhlich (1803-36) – und zerbrach an ihm. Der Tenor Raphael Höhn und sein Begleiter Shin Hwang stellen nun elf Lieder eines bemerkenswerten Komponisten vor.

Als Fröhlich seinem Leben mit nur 33 Jahren ein Ende setzte, soll er bereits mehr als 700 Werke zu Papier gebracht haben. Erfolg, Anerkennung und finanzielle Sicherheit blieben ihm allerdings sowohl in Basel, als auch in Berlin oder Aarau versagt. Umso leidenschaftlicher fahndete er nach einem Sehnsuchtsort, an dem er Ruhe und Frieden finden konnte.

Allein die Entscheidung, ein Recital um den Begriff Heimat aufzubauen, trifft also einen Nerv dieses Komponistenlebens. Das gilt umso mehr, als die Interpreten ihn nicht nur geographisch verstehen, sondern Fröhlichs Heimat auch in einem geliebten Menschen („Lieder an Meiweli“), in der Erinnerung („Rückkehr in die Heimat“) oder in der Natur („Ihr Heimatfluren“) suchen. Höhns frischer, jugendlicher Tenor verbindet sich dabei mit den aparten Klangwirkungen, die Shin Hwang einem zu Beginn des 19. Jahrhunderts gebauten Schöfstosser Flügel entlockt, zu einer besonderen Stunde romantischer Liedkunst.

Das Klischee vom Schweizer Schubert wird Fröhlich nämlich durchaus nicht gerecht. Schon die sehr spezielle Textauswahl, die von Hoffmann von Fallersleben und Ludwig Tieck über die unbekannte Autorschaft der „Heimatfluren“ bis zur schwergewichtigen Lyrik eines Friedrich Hölderlin reicht, zeugt von einer individuellen Herangehensweise. Sie führt zu erstaunlich komplexen Tongemälden – allein die gediegene Vertonung von Tiecks „Wonne der Einsamkeit“ dauert fast elf Minuten.

Fröhlichs eigenwilliger Kompositionsstil , der den kompletten Tonumfang des Tenors nutzt, dem Pianisten herausfordernde Zwischenspiele anvertraut und immer wieder suggestive Momente heraufbeschwört, verdient also durchaus eine individuelle Würdigung – und sicher auch häufigere Aufführungen.

Friedrich Theodor Fröhlich: Lieder, Claves