Nostalgie oder bildgewordene Klischees: Adrett zurechtgemacht mit Kopf- und Halstuch, in Löckchen gelegter Frisur und mit Perlenohrring tritt sie uns gegenüber, das Wiener „Wäschermäd`l“. In heller Jacke, mit Helm und einem Seil um Brust und linke Schulter geschlungen präsentiert sich der Feuerwehrmann. Doch nicht nur die Ausstattung der beiden, auch Haltung, Pose und Blickregie sind genau durchorchestriert. Das Typische atmet förmlich aus jeder Körperpore.
Diese Fotos sind Teil der unerhört populären sogenannten „Wiener Typen“-Serien, die ab den 1870er Jahren aufkommen. Die bekanntesten stammen vom Fotografen Otto Schmidt und werden als Sammelbilder im Carte-de-Visite Format vertrieben. Vornehmlich Berufsgruppen wie der „Schusterbua“, das „Wäschermädl“, der „Scherenschleifer“, die genau zu dieser Zeit vom Aussterben bedroht sind, werden vor gemalten Hintergrundkulissen in Szene gesetzt.
Ausgestattet sind sie mit der Kleidung und den Attributen ihres Berufsstandes. Typisiert wird zudem noch durch Posen und Mimik, die diesen BerufsvertreterInnen auch in der zeitgenössischen Literatur zugeschrieben werden. Mit sozialdokumentarischem Interesse am Milieu dieser Berufsgruppen haben die Aufnahmen naturgemäß nichts zu tun.
Stattdessen stillen die Volkstypen die Nachfrage nach dem angeblich Ur-Wienerischen sowie die Sehnsucht nach einer Welt, die durch den massiven Modernisierungsschub in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts im Untergang begriffen ist. Die immer dringlicher werdende soziale Frage bleibt dabei explizit ausgeblendet.