Waldsterben – Ein Fall fürs Arbeitsamt

Es steht nicht gut um den deutschen Wald: Die Waldzustandserhebung 2020 beziffert den Anteil der Bäume ohne Kronenschaden auf nur noch 21% und diagnostiziert einen weiteren Anstieg der Absterberate. Bei vielen Menschen werden da Erinnerungen an die 1980er Jahre wach, als das „Waldsterben“ für viel Aufsehen und einige gesellschaftliche Veränderungen sorgte.

1987 ging im Arbeitsamt Göttingen ein besonderer Antrag ein. Die Regionalgruppe der Naturschutzgruppe „ROBIN WOOD – Gewaltfreie Aktionsgemeinschaft für Natur und Umwelt e.V.“ beantragte eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zum Aufbau eines „Büros für Bürgerberatung und Information zum Themenbereich Baumschutz, Natur- und Umweltschutz, Waldsterben, Luftreinhaltung, Verkehrspolitik, ökologische Grundsätze und regionale Energiepolitik“. Was war geschehen?

Mit Beginn der 80er Jahre setzte eine Diskussion vielfach zu beobachtender Baumschäden aufgrund von „saurem Regen“ ein. Novum war die Einordnung der Einzelphänomene in einen umfassenderen Kontext. Länder- und ressortübergreifend ging auch die Wissenschaft das Problem an und schaltete sich in öffentliche Debatten ein. Politische Akteure gerieten dadurch zunehmend unter Handlungsdruck.

Begleitet von einer „düsteren Rhetorik“ über ein drohendes Waldsterben wurde die öffentliche Diskussion zunehmend emotionalisiert. Bürgerlicher Widerstand organisierte sich. Unter dem Motto „Entschwefeln statt schwafeln“ forderte die im November 1982 in Bremen gegründete Umweltorganisation ROBIN WOOD im Rahmen einer ersten bundesweiten Aktion am 21.Februar 1983 „Stoppt den sauren Regen!“

Öffentlichkeitswirksame Aktionen an Kohlekraftwerken, Baumärkten u.a. folgten. Daneben widmeten sich die Umweltaktivisten – z.T. in Kooperation mit Forstämtern – aber auch anderen Formen der Umweltaufklärung. So entstanden allein im Raum Göttingen zwei „Waldsterbenslehrpfade“, um interessierte Bürger unmittelbar mit der bedrohten Vegetation zu konfrontieren und das „Waldsterben“ für viele zum ersten Mal Realität werden zu lassen.

Umweltpädagogische Bemühungen dieser Art sind mittlerweile Geschichte. Eine Renaissance der Waldsterbens-Debatte aber lässt sich angesichts der weltweiten Klimaveränderung und der damit einhergehenden „sterbenden“ Wälder schon beobachten. Keine Frage, die Bilder toter Wälder schockieren. Die Nationalparkverwaltung Harz aber sieht die Schäden auch als Chance zum naturnahen Umbau bisheriger Monokulturen. Ihr Credo: „Der Wald stirbt nicht, er ist im Wandel.“