Warum Museum auch Spaß machen darf

Als die Museen am 1. November 2020 schon zum zweiten Mal pandemiebedingt schließen mussten, gab es ein kurzes Aufbäumen der Verantwortlichen. Während die Politik Museen als Freizeiteinrichtungen einstufte und damit gemeinsam mit anderen Kultureinrichtungen, Zoos und Fitnessstudios schlossen, argumentierten die Verantwortlichen in den Häusern anders.

Der Deutsche Museumsbund betont in seiner Stellungnahme vom 11. November: „Museen leisten als Bildungsakteure einen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt, sie sind Orte der Selbstbildung sowie der öffentlichen Debatte und können nicht auf eine reine Unterhaltungsfunktion reduziert werden.“
Die Betonung liegt hier auf dem Bildungsauftrag der Museen, nicht deren Unterhaltungswert. Letzterer wird zumindest infrage gestellt. Doch warum eigentlich? Und: geht nicht beides? Kann und darf Bildung nicht unterhaltsam sein?

Traditionell leben Bildung und Unterhaltung in einer schwierigen Beziehung. Sie ähneln ungleichen Brüdern – der Ernste und der Arglose, der Grübler und der Wildfang. Der eine belächelt den anderen. Der Kulturbereich tut sich traditionell schwer mit einem Selbstbild, welches beide Aspekte – Bildung und Unterhaltung – zu integrieren versucht.

Museen machen hier keine Ausnahme. Bis in die 1970er Jahre verstanden sie sich als eine Art Tempel, in denen man sich nur mit Ernst den Objekten nähern durfte und die Deutungshoheit sowieso einer akademischen Elite – wie auch immer die sich definiert – vorbehalten war.
Erst mit der Entwicklung der Museumspädagogik und der Etablierung von Bildung und Vermittlung als Säule musealer Arbeit änderte sich die Perspektive – wenn auch nur langsam. Das klassische Setting ist bis heute: Museumsführer erklärt Objekt, Gruppe hört zu. Aktiv der eine, passiv die anderen. Die museale Aura, der „Tempel“, bleibt dabei unberührt.

Die Domschatzkammer in Essen ging 2015/16 einen neuen Weg. Ausgehend von seiner privaten Playmobil-Sammlung christlicher Themen entwickelte Rainer Teuber, Leiter der Museumspädagogik, das Konzept, mit den kleinen Figuren Exponate zu erklären und deren Geschichte anschaulich zu machen. Und das nicht irgendwo, nicht im Foyer oder einem eigenen Raum, sondern IN den Vitrinen direkt bei den Objekten selbst.

Das Diözesanmuseum Osnabrück griff diese Idee 2017 auf und übertrug sie auf die eigene Bistumsgeschichte: Die Ausstellung „Mit Karl dem Großen durch die Zeit. PLAYMOBIL erzählt Geschichte(n)“ lockte über 10.000 Besucher an und übertraf damit alle Erwartungen. Dank der großzügigen Leihgaben aus Essen und einigen eigenen Ergänzungen konnten viele Vitrinen mit Figuren und ganzen Szenen bestückt werden. Immer auf Augenhöhe der Kinder, häufig sogar auf dem Boden der Vitrinen.
Insbesondere Familien nutzten die Ausstellung, sich eigenständig auf Entdeckungsreise zu begeben und sich – etwa mit Hilfe des Begleithefts – den Figuren und darüber hinaus den Objekten zu nähern.

Idee und Konzept zeigen, dass Museum und Freizeiterlebnis, Geschichte und Spiel hier Hand in Hand gehen. Ein Wechselspiel aus verschiedenen Perspektiven, Beziehungen und Ebenen entsteht, das Raum für beides lässt. Bildung UND Unterhaltung stehen im wahrsten Sinne des Wortes gleichberechtigt nebeneinander. Die Kombination ermöglicht eine Lernerfahrung, die durch Anschaulichkeit und Selbststeuerung besonders tief sein kann.

Aktuelle Einsatzorte

Das Diözesanmuseum Osnabrück freut sich, 2021 nach Wiedereröffnung eine verkleinerte Neuauflage zu zeigen und so nach schweren Monaten der Pandemie, Familien eine kleine Abwechslung anbieten zu können.

Link zum Museum: www.bistum-osnabrueck.de/dioezesanmuseum

Playmobil-Figuren sind als Geschichtsvermittler derzeit auch im benachbarten Münster im Einsatz – hier im Bereich der Stadthistorie:  www.stadt-muenster.de/museum/stadtgeschichten-muenster-playmobil-sammlung-oliver-schaffer