Wenn das Leben ein Film wäre

Mit einem legendären Film noir und der Dokumentation von Clara und Julia Kuperberg erinnert arte an die Schauspielerin Gene Tierney (1920-91). In den 1940er und 50er Jahren gehörte sie zu den bekanntesten und erfolgreichsten Darstellerinnen Hollywoods.

New York, Sommer 1941. In seinem Luxusappartement sitzt der Journalist Waldo Lydecker mit einer Schreibmaschine in der Badewanne. Hier empfängt er der jungen Polizeibeamten Mark McPherson, der den Mord an der erfolgreichen Geschäftsfrau Laura Hunt aufklären soll. Der junge Polizeibeamte versucht, die Hintergründe der furchtbaren Tat zu entschlüsseln. Doch je komplizierter der Fall wird, desto mehr verfällt McPherson der geheimnisvollen Toten. Als er eines Tages in ihrer Wohnung einschläft, steht Laura plötzlich vor ihm …

Unter der Regie von Otto Preminger, der ursprünglich als Produzent vorgesehen war, wurde die Verfilmung des Romans von Vera Caspary zu einem Meisterwerk des Film noir. Der vielschichtige Plot, der bei aller Realitätsnähe immer wieder ins Unwirkliche abgleitet, die psychologische Durchdringung der Charaktere und die oscarprämierte Kameraarbeit von Joseph LaShelle, der überraschende Perspektiven und eine ausgefeilte Verteilung von Licht und Schatten beisteuerte, sicherten dem vor 80 Jahren im New Yorker Roxy Theatre uraufgeführten Beziehungsdrama einen festen Platz in der Filmgeschichte.

Die Darsteller hatten ebenfalls entscheidenden Anteil an dem durchschlagenden Erfolg – Dana Andrews spielte den zunächst unscheinbaren, dann von Obsessionen verfolgten und schließlich zu allem bereiten McPherson, Clifton Webb gab den selbstgefälligen, zynischen und skrupellosen Lydecker und Gene Tierney glänzte als mysteriöse Laura, die das Publikum schon von einem Gemälde aus in ihren Bann zog. Tierney, die nicht nur der einflussreiche Produzent Darryl F. Zanuck als „the most beautiful girl in movie history“ umschwärmte, überzeugte in der Rolle der durchsetzungsstarken Geschäftsfrau und selbstbewussten, modernen Frau ebenso wie in der des hilflosen Opfers und der potenziellen Täterin.

Hollywoods vergessener Star

Vielseitigkeit war allerdings eine ihrer prägendsten Eigenschaften. In 34 Filmen verkörperte Gene Tierney ganz unterschiedliche, ja entgegengesetzte Charaktere. Regie-Legende Martin Scorsese hält sie deshalb für eine der am meisten unterschätzten Schauspielerinnen aus der großen Zeit Hollywoods. Über ihr „dunkles, gebrochenes Herz, das sich hinter einem Engelsgesicht versteckt“, spricht Scorsese im Dokumentarfilm von Clara und Julia Kuperberg, den arte am 26. Februar 2024 auf „Laura“ folgen lässt. „Gene Tierney – Hollywoods vergessener Star“ erzählt die Geschichte einer herausragenden Karriere und extremer persönlicher Herausforderungen. Er verbindet Film- und Archivmaterial mit O-Tönen von Tierneys Enkeln und Einschätzungen der Filmhistoriker Cari Beauchamp und Joseph McBride. Die Autorin und Kritikerin Molly Haskell erklärt, warum sie Tierneys Weg als Teil einer weiblichen Emanzipationsgeschichte betrachtet, aber die Hollywood-Diva kommt durch Auszüge aus ihren Memoiren auch noch einmal selbst zu Wort. Ihren vielleicht schönsten Gedanken heben sich die Kuperberg-Schwestern bis kurz vor Schluss auf:

Das Leben ist kein Film. Das sage ich weder traurig noch bedauernd. Ich kann mich nur fragen: Wäre mein Leben ein Film gewesen, hätte dann ein Regisseur Gene Tirney für die Rolle engagiert?


    • Laura. Film von Otto Preminger (1944),  TV-Ausstrahlung auf arte am 26. Februar 2024 um 20.15 Uhr und am 27. Februar 2024 um 14.15 Uhr.
    • Gene Tierney – Hollywoods vergessener Star. Dokumentation von Clara und Julia Kuperberg (2016), TV-Ausstrahlung auf arte am 26. Februar 2024 um 21.40 Uhr, online verfügbar bis zum 22.09.2024.