Wer lag in Sprockhoff 923?

Megalithgräber gehören zu den ältesten baulichen Zeugnissen in Europa. Ein ebenso sehenswertes und weitgehend unbekanntes findet sich bei Grambergen und Deitinghausen, zwei kleinen Bauerschaften in der Gemeinde Bissendorf.

Vor rund 5.500 Jahren wurden unsere Vorfahren sesshaft. Die Jäger und Sammler bauten Pflanzen an, züchteten Vieh und gründeten die ersten Siedlungen in der Region. Im Zuge dieser „Neolithischen Revolution“ änderte sich auch das Verhältnis zum Ende des menschlichen Lebens.
Die steinzeitlichen Bauern errichteten für ihre Toten monumentale Gräber aus Findlingen. Rund 400 sind in Niedersachsen wenigstens teilweise erhalten – ihre Gesamtzahl wird auf etwa 4.000 geschätzt.

Das Großsteingrab bei Grambergen und Deitinghausen wurde von dem Archäologen Ernst Sprockhoff (1892-1967) unter der Nummer 923 in den „Atlas der Megalithgräber Deutschlands“ aufgenommen. Er schätzte die Ausmaße der Grabkammer auf eine Länge von 8,7 m und eine Breite von 1,1 m.

Findlinge neben dem erhaltenen Megalithgrab

Laut einer „Statistik der im Königreiche Hannover vorhandenen heidnischen Denkmäler“ aus dem Jahr 1841 sollen hier noch drei weitere Hünengräber gestanden haben. Heute sind in der Umgebung nur noch einzelne Findlinge zu sehen, zwei von ihnen haben allerdings imposante Ausmaße.

Das Geheimnis des Opfersteins

Das gilt auch für den sogenannten „Opferstein“, der einige hundert Meter in nordwestlicher Richtung unter hohen Tannen versteckt ist. Der vier Meter lange Findling aus Granit hat allerlei unheimliche Geschichten inspiriert. Die Hobby-Historikerin Annette Panhorst geht in ihrem Buch „Wo war Varus?“ davon aus, dass hier Römer von Germanen getötet und den Göttern geopfert wurden. Schließlich habe man in dem Waldstück schon im 19. Jahrhundert Knochenreste und Beile sowie Kohle und Keramiken gefunden.

Auch Sicht der Wissenschaft ist das freilich Spekulation. Archäologen konzentrieren sich bei den Untersuchungen der uralten Stätten darauf, Aussagen über die Lebensweise der Menschen, ihre Bau- und Handwerkstechniken, Ernährungsgewohnheiten oder Totenrituale zu rekonstruieren.

Der Opferstein

Summa summarum sind Dichtung und Wahrheit in diesen Fällen schwer voneinander zu trennen. Und auch auf unsere Eingangsfrage fehlt eine verlässliche Antwort. Doch das hat auch einen Vorteil: Der Phantasie der Nachwelt sind (fast) keine Grenzen gesetzt.

Der Weg zu Grab und Stein

Vom Deitinghauser Weg (Bissendorf) biegt man links in den Roten Teichweg ein. Nach gut 300 Metern befindet sich eine kleine Brücke, dahinter führt linkerhand ein Weg in den Wald. Nach weiteren 300 Metern hat der Besucher die Wahl: Links geht es zum Megalithgrab, rechts zum Opferstein. Beide Objekte sind ausgeschildert.

* s. dazu: Annette Panhorst: Wo war Varus? Geographie und Chronologie der römischen Okkupation in Germanien, BoD – Books on Demand, Norderstedt 2016