Werke für kommende Zeiten

Schon zu Lebzeiten stand der 1864 in Kohlberg geborene Anton Beer-Walbrunn (1864-1929) im Schatten berühmterer Kollegen. Nach seinem Tod im Jahr 1929 geriet er entsprechend schnell in Vergessenheit. Es dauerte fast 90 Jahre, bis sein Schaffen wieder Aufmerksamkeit fand.

Die entscheidende Rolle spielte dabei der Anton Beer-Walbrunn-Kunst- und Kulturverein, der 2015 in der Geburtsstadt des Komponisten gegründet wurde. Unter der Leitung des mittlerweile pensionierten Pfarrers Martin Valeske entfaltete der Verein eine rege Tätigkeit, von der die jährlich stattfindenden Beer-Walbrunn-Tage sowie Konzerte und eine Reihe von CD-Aufnahmen zeugen. Die Hoffnung Beer-Walbrunns, der spätere Berühmtheiten wie Carl Orff oder Wilhelm Furtwängler zu seinen Schülern zählte, erfüllte sich zumindest auf eine rein temporale Weise: „So ist es eben mein Schicksal, daß meine Werke erst in kommenden Zeiten verstanden und gewürdigt werden.“

Lieder, Klaviermusik, Orgel- und Cellowerke wurden bereits vom Staub der Archive befreit, nun laden Ursula Schoch und Marcel Worms mit einer hingebungsvollen und nuancenreichen Einspielung dazu ein, Beer-Walbrunns Werke für Violine und Klavier neu zu entdecken. Sein opus magnum war in diesem Bereich zweifellos die Violinsonate in d-moll, die 1905 entstand und sich in zwei Sätzen von der Tradition abzukehren scheint.

Doch Anton Beer-Walbrunn war bei aller formalen und harmonischen Neugier alles andere als ein Bilderstürmer. Der leidenschaftliche Eingangssatz und die phantasievollen Variationen, die den opulenten zweiten Satz bilden, bleiben im (spät)romantischen Erwartungshorizont, füllen ihn aber mit vielen eigenen und oft höchst aparten Ideen. Das gilt auch für die „Kleine-Phantasie“, die Beer-Walbrunn 1891 zu Papier brachte. Nach verhaltener Einleitung entwickelt sich ein farbenreiches Bravourstück, in dem lyrische Passagen und virtuose Ausbrüche einander die Waage halten.

Das dritte Stück dieser Aufnahme erinnert an den Pädagogen Anton Beer-Walbrunn, der für seine Schülerinnen und Schüler – in diesem Fall eventuell sogar für die eigene Tochter – auch Übungsmaterial verfertigte. Musikalisch betrachtet sind die „Sechs Melodien nach deutschen Volksliedern“ hübsche und allemal harmlose Bearbeitungen. „Steh ich in finstrer Mitternacht“ und „Was blasen die Trompeten“ lassen allerdings auch den Zeitgeist des Entstehungsjahres 1915 durch die kleine Sammlung wehen.

Anton Beer-Walbrunn: Werke für Violine & Klavier, Bayer Records