Work in progress

Am sächsischen Hof stand er zuerst im Schatten von Johann David Heinichen und als er sich um dessen Nachfolge bewarb, gab man seinem Kollegen Johann Adolf Hasse den Vorzug. Trotzdem gehörte Jan Dismas Zelenka zu den prägenden Figuren (nicht nur) der sächsischen Musikgeschichte.

Einen Blick in die Werkstatt des Meisters gewährt nun eine gut durchdachte und frisch musizierte Aufnahme des Ensemble Inégal unter Adam Viktora mit den Solisten Gabriela Eibenová, Lenka Cafourková, Jonathan Mayenschein, Tobias Hunger und Florian Götz. Neben der „Missa Sancti Spiritus“ ZWV 4 mit ihren Erweiterungen seit der Urfassung von 1723 erklingt die „Litanie di Vergine Maria“ ZWV 149, die nicht vollständig überliefert ist.

In beiden Fällen waren die Instrumentalisten auf neueste musikwissenschaftliche Erkenntnisse angewiesen, um die mutmaßliche Klanggestalt der 1720er Jahre auf historischen Instrumenten rekonstruieren zu können. Der Booklet-Text von Andrew Frampton vermittelt einen guten Eindruck davon, wie experimentierfreudig Zelenka Einfälle entwickelte, dann aber auch wieder bearbeitete, strich oder ergänzte.

Was nach einem work in progress aussieht, klingt am Ende doch wie aus einem Guss und eben beinahe so, als hätte Zelenka von Anfang an die Idee verfolgt, die 1723 komponierten Teile Kyrie und Gloria irgendwann in einer feierlichen Messe aufgehen zu lassen, die zu Ehren des Heiligen Geistes mit strahlendem D-Dur und natürlich auch mit Pauken und Trompeten aufwartet.

Die meditative Litanei, deren Originalfassung freilich im Dunkeln bleibt, solange keine neuen Quellen entdeckt werden, zeigt den Komponisten von einer ganz anderen Seite. Verhalten, kontemplativ und eindringlich bildet das knapp halbstündige Werk einen eindrucksvollen Kontrapunkt zu der auftrumpfenden Pfingstmesse.

Jan Dismas Zelenka: Missa Sancti Spiritus ZWV 4 / Litanie di Vergine Maria ZWV 149, Nibiru