Zwischen Wald, Kirche und Konzertsaal

Als Ruf- und Signalinstrument wurde es jahrhundertelang genutzt, ehe das Horn den Weg in die mehr oder minder überdachte Musikgeschichte fand. Seit dem frühen 18. Jahrhundert tauchte es umso häufiger und in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen auf, so zum Beispiel bei Johann Sebastian Bach, der fröhlich zur Jagd blasen, das Horn aber auch bei festlichen Anlässen und in Momenten tiefer Andacht erklingen ließ.

Das englische Vokal- und Instrumentalensemble „Solomon´s Knot“ hat auf seinem aktuellen Album drei Bach-Kompositionen versammelt, welche die Vielseitigkeit des Horns in barocker Pracht erstrahlen lassen. Den Anfang macht die Messe in F-Dur, die wohl Ende der 1730er Jahre in Leipzig entstanden ist und einem Ausnahme-Hornisten zur Demonstration seiner Fähigkeiten gedient haben dürfte. Der oben abgebildete Gottfried Reiche könnte vor knapp 300 Jahren sowohl den meditativen Part im andachtsvollen „Kyrie“ als auch die rasanten Läufe im fröhlichen „Gloria“ oder im abschließenden „Cum Sancto Spiritu“ gespielt haben.

Die beiden anderen Werke verzahnt das Ensemble „Solomon´s Knot“, das Solostimmen, Chor und Orchester mühelos aus den eigenen Reihen besetzen kann, in einer großartigen, höchst eleganten und stimmungsvollen Interpretation, als wären sie tatsächlich füreinander geschrieben worden. Das 1. Brandenburgische Konzert in F-Dur liefert so gewissermaßen eine Ouvertüre, einen Epilog und zwei Zwischenmusiken für die quirlige Kantate, die 1713 am 31. Geburtstag des jagdbegeisterten Herzogs Christian von Sachsen-Weißenfels uraufgeführt wurde.

Die anspruchsvollen Horn-Partien spielen Anna Drysdale und die auch als Musikwissenschaftlerin bekannt gewordene Anneke Scott, die Zeit für einen launigen Booklet-Text fand, in dem der facettenreiche Charakter ihres Instruments in Konzert und Kantate anschaulich beschrieben wird: „Wir stehen sozusagen mit einem Bein in den Jagdgründen, mit dem anderen in der Konzerthalle und führen uns wie anarchische Störenfriede auf, die ihre gesetzteren Kolleginnen und Kollegen permanent dazu verführen wollen, sich mit uns auszutoben und auszubrechen!“

Ein lehrreicher Ausflug in die Musikgeschichte, vor allem aber ein großes, meisterhaft inszeniertes Hörvergnügen!

Solomon´s Knot – Bach´s Horn. Johann Sebastian Bach: Messe F-Dur, BWV 333.2; Brandenburgisches Konzert Nr.1 F-Dur, BWV 1046.2; „Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd“, BWV 208.1, Prospero