Hillers Frühling

Die Wiederentdeckung von Ferdinand Hiller (1811-85) schreitet langsam, aber stetig voran. Zwei Jahre nach der ➤ Veröffentlichung des Klavierquartetts op.133 und des Klavierquintetts op.156 stellt cpo nun zwei seiner insgesamt sechs Symphonien vor.

Die e-Moll-Symphonie mit dem Beinamen „Es muß doch Frühling werden“ war schon zu Hillers Lebzeiten eines seiner populärsten Werke. Möglicherweise auch wegen der politischen Anspielungen, die durch den Bezug auf ein Gedicht Emanuel Geibels im Revolutionsjahr 1848 nicht schwer zu entschlüsseln waren. Die Sympathie des Komponisten galt – wie schon 1830, als er während der Julirevolution in Paris weilte – den Aufständischen, die seine vorwärtsstürmende, mitreißende Partitur durchaus als symphonische Begleitmusik verstehen durften.

Unter der ebenso elastischen wie dynamischen Leitung von Howard Griffiths bringt das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt die besonderen Qualitäten des im Januar 1849 in Düsseldorf uraufgeführten Werkes zum Klingen. Hillers melodischer Einfallsreichtum wird dabei ebenso deutlich wie seine gelegentlichen Verbeugungen vor dem langjährigen Freund Felix Mendelssohn Bartholdy, mit dem er sich einige Jahre zuvor überworfen hatte. Bemerkenswert ist freilich auch sein eigenwilliges (von Bert Hagels im informativen Begleittext zurecht hervorgehobenes) Bestreben, die klanglichen Dimensionen seiner Themen auszuschöpfen – statt damit im herkömmlichen Sinne zu arbeiten.

Die Frühlingssymphonie empfiehlt sich jedenfalls nachhaltig für das Konzertrepertoire des 21. Jahrhunderts und das rund 15 Jahre früher entstandene Gegenstück in f-Moll hat ebenfalls viele Vorzüge. Schon 1832/33 ging Hiller offenbar recht unbedenklich mit formalen Gewohnheiten um. So platzierte er anstelle eines zu erwartenden langsamen zweiten Satzes ein „Capriccioso, molto vivace“, dessen wilde Motorik sich mitunter zu einem perpetuum mobile zu verdichten scheint. Im abschließenden Finale ließ er seinen Einfällen dann endgültig die Zügel schießen. So schließt diese symphonische Stunde mit einem nicht jeden Aspekt zu Ende denkenden, aber ansteckend gut gelaunten Finale.

Ferdinand Hiller: Symphonien e-moll op.67 „Es muß doch Frühling werden“ & f-moll HWV 2.4.4