Spinne und Koppe

Vor allem, wenn Besuch erwartet wird, müssen die mühevoll gewebten Kunstwerke der Natur weichen: Die Spinngewebe oder Spinnenweben. In der Osnabrücker Mundart heißen diese Reste von Spinnennetzen auch Spinnekoppen. Doch woher kommt eigentlich dieser Begriff?

Der erste Teil der Zusammensetzung ist uns ohne Weiteres verständlich. Es handelt sich um das Wort Spinne, mit dem allgemein Tiere aus der Familie der Araneae benannt werden. Die Tierbezeichnung gehört zum Tätigkeitswort spinnen. Die Spinne wurde also nach ihrer Fähigkeit benannt, einen Faden zu spinnen, mit dem sie ein Netz baut.

Doch was bedeutet der zweite Teil des Wortes koppe? Es gibt in den westgermanischen Sprachen eine Bezeichnung *kub-, *kup- für etwas gedrungen Rundliches und für derart gekennzeichnete kleine Tiere: altnordisch kobbi ‚kleiner Seehund, Robbe‘, altenglisch âtercoppe ‚Giftspinne‘, mittelenglisch addurcop ‚Giftspinne‘ und nedyrcopp ‚Nattern-Spinne‘, englisch cobweb ‚Spinnenwebe‘, niederländisch mundartlich kobbe ‚Seemöve‘, mittelniederländisch kobbe, koppe, koppespinne, spinnekoppe ‚Spinne‘, mittelniederdeutsch kobbe ‚Spinne‘.

Die Belege zeigen, dass das Wort Spinnekoppe ursprünglich gar nicht die Spinnenweben, sondern die Spinne selbst gemeint hat. Erst später verschob sich die Bedeutung vom Tier auf die Gewebe desselben. Spinnekoppe ist also von seiner Wortherkunft her gesehen ein kleines, rundliches Tier, das einen Faden spinnen kann.

Klein und rundlich

Die Verbindung der beiden Bestandteile spinne und koppe ist bereits alt. Das zeigen die englischen Belege. Denn wenn dieses Wort für die Spinne sowohl in Britannien als auch in Nordwestdeutschland auftritt, dann muss es bereits im 5. Jahrhundert nach Christus bestanden haben, sodass die Angeln und Sachsen, als sie von Nordwestdeutschland aus England besiedelten, das Wort vom Kontinent mit auf die Insel bringen konnten.

Das westgermanische Wort *kub-, *kup- für etwas Kleines, Rundliches ist auch namenbildend geworden. Es liegt im Rufnamen Cobbo vor. Diesen Vornamen trug z.B. auch der westfälische Graf Cobbo, der im 9. Jahrhundert lebte und der von humanistischen Gelehrten im 15. und 16. Jahrhundert zum Ahnherrn der Tecklenburger Grafen gemacht wurde. Deshalb trägt auch der Tecklenburger Turn- und Sportverein seinen Namen. Die germanischen Völker nutzten vielfach Tierbezeichnungen als Personennamen. Der Wolf und der Rabe seien hier nur als bekannteste Vertreter genannt.

Mit dem Namen Cobbo wurde also ursprünglich vermutlich ein kleiner, rundlicher Mensch benannt. Er hatte also anfänglich wohl die Funktion eines Spitz- oder Spottnamens. Cobbo, der ‚kleine Dicke‘, als Namengeber eines Sportvereins ist somit ein lustiger historischer Zufall.