Warm, gemütlich und groß in Mode

Bis ins hohe Mittelalter hinein war die offene Herdstelle für viele Haushalte die einzige effiziente Wärmequelle. Das Feuer brannte beinahe ununterbrochen und barg daher immer die Gefahr einer Brandkatastrophe, besonders in dichter bebauten Gebieten. Dagegen konnten auch Kamine und Abzüge sowie Gluthauben als Abdeckung in der Nacht nicht viel ausrichten.

Bis in die Neuzeit hinein waren darüber hinaus als mobile Wärmespender in allen sozialen Schichten sog. Gluttöpfe oder Stövchen in Gebrauch, die aber nur von begrenzter Effektivität waren. Gefüllt mit Glut dienten sie als Handwärmer, in Holz- oder Metallkästchen gestellt fanden sie als Fußwärmer Verwendung. Letztere waren in wohlhabenden Haushalten reich verziert und schmückten die gute Stube. Die Sinnepoppen, eine niederländische Schrift von 1614, stellt zahlreiche Emblemata vor, eines davon zeigt ein solches „Fuß-Stövchen“ und berichtet dazu:

Ein Fußwärmer mit Feuer darin ist bei unseren holländischen Frauen ein beliebtes Juwel (…). Wer dann bei ihnen den zweiten Platz in der Achtung erstrebt, der muss sich anschicken, ihnen zu dienen …

In der guten Stube

Um die Wende zum 13. Jahrhundert gelangte die neuartige Technik der Kachelöfen nach Norddeutschland. Sie war zunächst nur für die Reichsten erschwinglich. Die prachtvollen Öfen finden sich in sakralen Bauzusammenhängen, kamen aber bald auch auf Adelssitzen und in Bürgerhaushalten vor. Um 1500 waren sie dann flächendeckend verbreitet.

Ofenkachel mit Kreuzigungsdarstellung

Der Kachelofen bot viele Vorteile: geringere Brandgefahr, die durch die Kacheln vergrößerte Oberfläche gab mehr Wärme ab, außerdem dauerte die Wärmespeicherung auch nach dem Verlöschen des Feuers an. Umlaufende Bänke, Vorrichtungen zum Erhitzen von Wasser und Gestelle zum Trocknen von feuchter Kleidung waren darüber hinaus von großem Nutzen. Da der Feuerkasten von hinten in einem anderen Raum beheizt wurde, entstand kein Qualm oder Ruß. Der Kachelofen entwickelte sich schnell zu einem repräsentativen Schmuckstück. Nachdem sich zunehmend auch bürgerliche Haushalte einen Ofen leisten konnten, spielten die Wahl und Qualität des Bilddekors eine entscheidende Rolle.

Serielle Produktion

Die Herstellung von Kachelöfen war ein guter Erwerbszweig für die Töpfereien, denn ein Ofen brachte mehr Profit ein als Haushaltskeramik. Die Fertigung der Kacheln erfolgte zum Teil im nordwestdeutschen Raum, wie beispielsweise in Hagen am Teutoburger Wald, wo die Herstellung von Napkacheln (Napfkacheln), Votkacheln (Fußkacheln) und Engels (Engel) belegt ist. Auch für die Stadt Osnabrück sind Kachelbäcker nachgewiesen. Aufwändiger gestaltete Produkte wurden importiert.

Ecke einer Blattkachel

Erfolgreiche Töpfereien aus dem Rheinland verhandelten ihre keramischen Waren bis in die Niederlande und nach Großbritannien. Die Kacheln wurden mit Hilfe von Modeln in Serienproduktion fabriziert und sind daher in ihren Motiven gut zu vergleichen und manchmal Werkstätten zuzuweisen.

Bildmotive

Die Kacheln waren überwiegend grün glasiert, aber auch mehrfarbige Fassungen wurden hergestellt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kamen schwarz glasierte Kacheln in Mode, die farblich an die immer beliebter werdenden Heizkästen aus Gusseisen angepasst waren. Die Vielfalt der Bildmotive war groß: Religiöse, höfische und mythologische Themen fanden ebenso Verbreitung wie die Porträts zeitgenössischer Herrscher und Herrscherinnen oder die Personifizierungen von Tugenden, Jahreszeiten und Lebensaltern.

Bei archäologischen Ausgrabungen finden sich recht häufig Fragmente von Ofenkacheln. Die oft reichen Verzierungen beeindrucken durch die kunstfertige Art der Ausführung. Die hier präsentierten Exemplare stammen von verschiedenen Grabungen aus der Osnabrücker Innenstadt.