Als „Fietzebauhne“ oder „Fiksebauhne“ bezeichnet man im Osnabrücker Land die Gartenbohne, auch Stangenbohne, Buschbohne oder Grüne Bohne genannt. „Fiekstaken“ sind die Stangen, an denen die Bohne rankt.
Ein Gericht, das man aus dieser Feldfrucht zubereiten kann, wird „Fiekeschoen“ genannt (Schoen sind die ‚Schoten‘). In seinen Lebenserinnerungen beschreibt Rudolf Dunkmann (1902–1982) aus Tecklenburg-Leeden, wie Fietzebohnen geschnippelt und eingelegt wurden, aber auch in welchen Gerichten sie zum Einsatz kamen und wie die plattdeutschen Bezeichnungen für die beliebtesten Gerichte waren*.
Doch woher kommen eigentlich diese plattdeutschen Begriffe „Fietzebauhne“ oder „Fiksebauhne“, „Fiekstaken“ oder „Fiekeschoen“? Was bedeutet Fietze, Fieke?
Man hat geglaubt, dass die Fietzebohne ursprünglich Vitsbohne geheißen habe und den Pflanzennamen mit dem Heiligen Vitus in Verbindung gebracht. So heißt es im Bremer Wörterbuch von 1767: „Vietsbohnen, türkische Bohnen, weil sie spät im Frühjahr bis Vititag (15. Juni) noch können gepflanzt werden.“
Eine andere Herleitung will die Pflanzenbezeichnung auf das Wort Fese bzw. Fisl ‚Schale, Hülse‘ zurückführen. Allerdings können beide Deutungen nicht überzeugen, weil sie nicht das Nebeneinander von tz und k in Fietze und Fieke erklären. Der Pflanzenname und die mit diesem gebildeten Wörter gehen vielmehr auf die lateinische Bezeichnung vicia faba ‚Ackerbohne, Dicke Bohne‘ zurück.
Der Anlaut v des lateinischen Wortes wurde von den deutschen Sprechern als f aufgefasst, der k-Laut in vicia im niederdeutschen Sprachraum teilweise zu z verschoben. Diesen Vorgang (k > z) nennt man Zetazismus. Nur so ist das Nebeneinander von Fietzebauhne und Fiekstaken bzw. Fiekeschoen zu erklären.
Was hat die Dicke Bohne mit Zecken zu tun
Auch im Plattdeutschen existieren also lateinische Lehnwörter. Die Entwicklungsgeschichte des Wortes Fietzebohne zeigt aber auch, wie die Bohne nach Norddeutschland gekommen ist. Im Mittelalter gab es in Europa hauptsächlich nur die Acker- oder Dicke Bohne. Sie kam ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Durch Kontakt der Germanen mit den Römern gelangte diese Bohnenart in den ersten Jahrhunderten nach Christus auch nach Norddeutschland.
Die Germanen übernahmen nicht nur die Pflanze, sondern auch deren Namen, zumindest den ersten Teil: vicia. Durch die Lautentwicklungen im Niederdeutschen wurde aus der vicia-Bohne die Fietzebohne. Das Wort Bohne ist allerdings ein germanisches Wort. Niederdeutsch Fietzebohne ist also eine hybride Bildung aus einem lateinischen Lehnwort und einem germanischen Erbwort.
Als dann im 16. Jahrhundert die heutige Garten- oder Stangenbohne aus Amerika nach Deutschland kam, die sich großer Beliebtheit erfreute und die anderen Bohnenarten zurückdrängte, ging der Name Fietzebohne von der Dicken Bohne auf die Gartenbohne über. Für die Dicke Bohne wurde dann im Osnabrücker Raum die plattdeutsche Bezeichnung Tiäkebauhne gebraucht. Dieser Name geht übrigens auf das Insekt Zecke zurück, plattdeutsch Tiäke, weil die Samen der Pflanze, also die Dicken Bohnen selbst, eine ähnliche Form wie das Insekt haben.
Bestätigt wird diese Erklärung dadurch, dass die Tiäkebauhne auch Wibbelbauhne genannt wird. Der erste Teil dieser Bezeichnung ist aber ebenfalls auf ein kleines Tier, nämlich den Käfer, plattdeutsch Wiäwel, Wiäbel, zurückzuführen. Das Benennungsmotiv ist hier dasselbe wie bei der Tiäkenbauhne, nämlich die Ähnlichkeit der Form des Bohnensamens mit dem rundlichen Insekt.
* Ebenfalls machte diese [die Kleinmagd] das Schnippeln der Fitzebohnen vom Busch zu der Mahlzeit. Das Einsetzen der Fitzebohnen in das Faß geschah meist in den Abendstunden, und zum Surren der Schnippelmühle wurde gesungen. [S. 99] – Mittagsgerichte an Wochentagen waren Große Bohnen, Erbsen, Sauerkraut, Fitzebohnen, Möhren, Steckrüben, Graupen, im Frühjahr Melde, im Spätherbst Grünkohl und einmal in der Woche Soßekartoffeln. Eingesetzte Fitzebohnen waren Sonntagsessen. [S. 99] – Zu Mittag gab es nur Eintopf. Als Sonntagsessen galten an erster Stelle grüne Fitzebohnen (Schnippelbohnen) und an zweiter Stelle Sauerkraut. [S. 111] – Plattdeutsche Bezeichnungen für die Speisen: Graute Baunen (große‘ Bohnen), lärften (Erbsen) , Steckröüben mit‘ n Swinnetein (Steckrüben mit Schweinefüßchen), Suurkaul (Sauerkraut), Gröüne Fiksebaunen (grüne Fitzebohnen), Wuorteln (Möhren), Schellgiärste (Graupen = geschälte Gerste), Meldemaus (Melde) und Mous (Grünkohl). [S. 100]
Dietmar Sauermann (Hg.): Aus dem Leben eines Heuerlings und Arbeiters. Rudolf Dunkmann berichtet, Münster 1973 – Download unter: https://www.lwl.org/voko-download/BilderNEU/422_023Sauermann_MU.pdf
Weiterführende Literatur: Karl Ernst Hermann Krause, Die Bohne und die Vietzebohne, in: Niederdeutsches Jahrbuch 16 (1890), S. 53–65.